Im sächsischen Tal der Müglitz nahe Dresden werden seit ca. 160 Jahren hochwertige mechanische Uhren 'Made in Germany' gebaut
Die folgende Chronik gibt einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Uhrenstadt Glashütte:
Chronik
ca. 1450
Glashütte im Tal der Müglitz, etwa 30 Kilometer von Dresden entfernt, erhält seinen Namen etwa um das Jahr 1450 herum aufgrund des dortigen Silberbergbaus (die Bezeichnung bedeutet so viel wie: "Die Hütte, die das glänzende Metall abbaut").

Historischer Stich von Glashütte
ca. 1506
Aufgrund der reichen Silberfunde und des regen Bergbaus floriert die Gemeinde und erhält bereits 1506 das Stadtrecht zuerkannt.
1837
Auf Rat seines Lehrmeisters
Johann Friedrich Gutkaes (1785-1845) verläßt
Ferdinand Adolph Lange (1815-1875) dessen Hof- und Kleinuhrmacherwerkstätte in Dresden und begibt sich auf Wanderschaft zur damaligen Uhrenmetropole Paris, um seine fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bei dem berühmten Chronometermacher
Joseph Thaddäus Winnerl zu vervollständigen.

Ferdinand Adolph Lange
Weitere Reisen führen nach England und in die Schweiz, bis er 1840 zu Gutkaes zurückkehrt; zwei Jahre später heiratet er dessen Tochter Antonia und wird sein Teilhaber.
Durch das Versiegen des Silberbergbaus gerät die Region um Glashütte in die Gefahr völliger Verarmung. Die Einwohner wenden sich an die sächsische Staatsregierung mit der dringenden Bitte um Unterstützung. Als Ferdinand Adolph Lange mit Hilfe eines Staatsdarlehens am 7. Dezember 1845 die erste Glashütter Uhrenfirma mit 15 Lehrlingen gründet, keimt Hoffnung auf, im neuen Beschäftigungzweig der Uhrenfertigung weitere Arbeitsplätze schaffen zu können.
Durch sein unermüdliches Engagement und seinen Einsatz für die Ausbildung und Schulung von Beschäftigten erreicht es Lange nach und nach, daß Werkstätten, Betriebe und Zulieferfirmen gegründet werden und daß die Uhrenfertigung in Glashütte allmählich beginnt, sich einen Namen zu machen.
F. A. Lange wird Bürgermeister der Stadt Glashütte und hat diesen Posten 18 Jahre lang inne.
1852
In diesem Jahr gründet
Julius Assmann (1827-1886) auf Anraten seines (in zweiter Ehe) Schwiegervaters F. A. Lange die Firma
J. Assmann/Glashütte i. SA bzw.
Deutsche Anker-Uhren-Fabrik.
Der Name "Glashütte" wird zur geschätzten Qualitätsbezeichnung. Uhren aus Glashütte gewinnen Preise bei Ausstellungen und Wettbewerben. Es werden wunderschöne, komplizierte Taschenuhren der Spitzenklasse gefertigt, die mit dem hohen Qualitätsniveau der Schweiz konkurrieren können.
1875
Nachdem Ferdinand Adolph Lange 1875 stirbt, führen seine Söhne Richard und Emil die Firma weiter; ein dritter Sohn Adolf wird später in der Firma Prokurist. Unter ihrer Leitung werden zahlreiche technischen Verbesserungen eingeführt.
1878
Die Deutsche Uhrmacherschule in Glashütte wird auf Betreiben des Fabrikanten Moritz Großmann eröffnet und bildet bis 1942 Uhrmacherlehrlinge aus.
1890
Ernst Kasiske, Regleur bei Lange, gründet eine eigene Uhrenfirma, die er 1904 in die Aktiengesellschaft Präzisions-Uhrenfabrik einbringt. 1918 wird aus diesem Unternehmen die Deutsche Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte, eine GmbH. Sie geht 1925 in Konkurs.
1893
Der Uhrengroßhändler
Johannes Dürrstein (1845-1901) gründet die
Präzisions-Taschenuhrenfabrik "UNION" Glashütte in Sachsen. (Die Marke wird
1997 wiederbelebt.)
1895
Zugleich fertigt die Uhrenfabrik
Union Kleinserien hochkomplizierter Uhren, so die "Universaluhr" in nur vier Exemplaren. Diese Taschenuhr hatte acht Werke, sieben Hilfszifferblätter und 13 Zeiger; die Komplikationen: Stunden-, Viertelstunden- und
Minutenrepetition,
Ewiger Kalender mit Mondphase,
Schleppzeiger-Chronograph und Wecker.
Das Union-Werk wird 1933 geschlossen.
1896
Die Firma
Robert Mühle & Söhne beginnt mit der Produktion von Meß- und feinmechanischen Geräten.
Nach der Enteignung 1945 gründet ein Urenkel den Betrieb als
Feinmechanischer Betrieb Hans Mühle neu.
Die Firma wird 1972 zwangsverstaatlicht und 1980 in die GUB eingegliedert.
(Weiter
1994)
1905
Die in diesem Jahr gegründete Uhrenfirma Strasser & Rohde produziert verschiedene Meßgeräte, Rechenmaschinen, astronomische Pendeluhren und Sekundenpendeluhren.
Der Kaufmann Clemens Guido Müller gründet die Uhrenfirma Nomos. Verkauft werden Uhren, die komplett in der Schweiz gefertigt sind. Gutes Marketing macht Nomos schnell erfolgreich. Die Firma A. Lange & Söhne bewirkt ein Gerichtsverfahren gegen Nomos, das 1910 mit einem Vergleich endet. Nomos darf die bereits vorhandenen und signierten Uhren noch verkaufen, muß aber künftig jeden Hinweis auf Glashütte in der Werbung und der Signatur unterlassen. Daraufhin stellt Nomos seine Produktion komplett ein.
1914-1918
Der erste Weltkrieg stürzt die meisten ortsansässigen Uhrenfirmen in den Ruin. Jedoch bleibt die Uhrmacherkunst erhalten und neue Firmen entstehen.
1926
Aus der Konkursmasse der Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte e.G.m.b.H werden im Dezember 1926 die Uhren-Rohwerkefabrik AG (UROFA) und die Uhrenfabrik AG (UFAG) gegründet. Die Produktion wird weitgehend auf Armbanduhren umgestellt. Eines der ersten deutschen Armbanduhrwerke wird entwickelt und produziert.
1930
Alfred Helwig, Studienrat an der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte, schreibt Uhrengeschichte mit der Entwicklung des ersten
"Fliegenden" Tourbillons.
1930-1945
Die höchste Qualitätsstufe der UFAG-Uhren stellt die Marke
Tutima dar, die ca. 1930 eingeführt wird. Geleitet werden die beiden Unternehmen bis 1945 von
Dr. Ernst Kurtz und
Paul Löwe.
Im zweiten Weltkrieg wird insbesondere die Produktion von
Wehrmachts-Chronographen und Flieger-Beobachtungsuhren beträchtlich hochgefahren (die inzwischen zu begehrten Sammlerobjekten avanciert sind). So wird das UROFA-Kaliber 59, ein robustes Handaufzugwerk, in rund 15.000 Uhren eingebaut.
1951 werden beide Unternehmen in den staatlichen
VEB Glashütter Uhrenbetriebe eingegliedert. Der Name
Tutima wird 1970 von
Dieter Delecate angemeldet und für eine eigene Produktionslinie in Norddeutschland verwendet. Der legendäre Tutima-Fliegerchronograph wird als Replika wiederaufgelegt.

Tutima Fliegerchronograph 1941
1945
Am 7. Mai 1945, einen Tag vor Ende des Zweiten Weltkriegs, wird Glashütte von russischen Bombern bombardiert. Große Teile der Produktionsanlagen werden zerstört, der Rest nach Kriegsende demontiert.
1951
Am 1. Juli werden die bereits vorher enteigneten Firmen UROFA und UFAG, A. Lange & Söhne, Feintechnik (Otto Gössel u. Co.) sowie weitere Betriebe zum VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) verschmolzen. Produziert werden Mechanik- und Quarzuhren; preiswerte Uhren gehen in den 70er und 80er Jahren in großen Mengen in den Export.
1990
Nach der Wiedervereinigung herrscht große Unsicherheit über die Zukunft der Uhrenherstellung in Glashütte. Die Treuhand sucht nach Käufern für die Hinterlassenschaften der VEB Uhrenbetriebe. Die Uhrmacher fürchten um ihre Arbeitsplätze.
Der Düsseldorfer Unternehmer
Roland Schwertner kommt nach Glashütte in der Absicht, die zum Mythos gewordene uhrmacherische Tradition des Ortes wieder ins Leben zu rufen. Er entwickelt zusammen mit der Designerin Susanne Günther eine Kollektion, die auf dem Modell
Tangente basiert, einer Handaufzug-Uhr mit schweizerischen ETA-Peseux-Werk.

Nomos Tangente
Am 1. Januar 1991 wird die Marke
Nomos
von
Schwertner gegründet. Daraufhin versucht man ihm die Nennung des Namenszugs "Glashütte" zu verbieten, den er im Untertitel führt — angeblich würde er sich mit fremden Federn schmücken und könnte den traditionsreichen Standort nicht vollgültig vertreten. (Übrigens eine interessante Parallele zu den Vorfällen von
1906, da es auch hier um die Verwendung schweizer Bauteile gegangen war.) Jedoch kann Schwertner schließlich vor Gericht nachweisen, daß er den größten Teil der Wertschöpfung seiner Produktion in Glashütte betreibt.
Im Laufe der nächsten Jahre erwickeln sich die Modelle von Nomos, insbesondere die
Tangente, zu erfolgreichen Klassikern der modernen Uhr.
1990
Nachdem der traditionsreiche Name
A. Lange & Söhne infolge der deutschen Teilung 50 Jahre lang in der Versenkung verschwunden war, gründet der Urenkel von Ferdinand Adolph Lange,
Walter Lange, am 7.12.1990 die
Lange Uhren GmbH neu (auf den Tag genau 145 Jahre nach
Gründung der ursprünglichen Firma).
1991 beteiligt sich die Uhrenfabrik
IWC Schaffhausen unter Führung von
Günter Blümlein, der auch Chef von
Jaeger-LeCoultre ist, mehrheitlich an der Lange-Uhren GmbH.
Im Oktober 1994 werden die ersten vier Modelle vorgestellt: Die
Lange 1 macht aufgrund ihrer neuartigen Zifferblattgestaltung und ihres hochfeinen Manufakturkalibers sofort Furore; sie wird sowohl 1996 als auch 1997 zur "Uhr des Jahres" gewählt. Ferner erscheinen die Damenuhr
Arkade, die
Saxonia mit Großdatum und der aufwendige
Tourbillon "Pour le Mérite".

A. Lange & Söhne Tourbillon „Pour le Mérite“
Handaufzugs-Manufakturwerk L902.0,
Tourbillon mit Schnecke und Kette und
Planetengetriebe für konstanten Antrieb, Doppelfederhaus
Hans-Jürgen Mühle belebt die Firma
Mühle - Glashütte neu und produziert u.a. Quarz-Marinechronometer, Schiffs- und Tidenuhren sowie nautische Instrumente.
1994
Der Unternehmer
Heinz W. Pfeifer und der Nürnberger Juwelier
Alfred Wallner kaufen die GUB am 1. November von der Treuhand, nachdem ein erster Privatisierungsversuch mit der France Ebauches gescheitert war. Die Marke heißt jetzt
Glashütte Original. Sie ist neben der GUB zugleich auch Rechtsnachfolger der früheren Marken
Julius Assmann, Union, Urofa und
Strasser & Rohde.
In einem unerhörten persönlichen Kraftakt gelingt es Pfeifer, aus dem ehemals auf billige Massenproduktion ausgerichteten Staatsbetrieb eine exklusive
Uhrenmanufaktur der Spitzenklasse zu machen, die mit erfolgreichen neuen Luxusmodellen von sich reden macht.
Die Uhrenmarke
Union wird wiederbelebt und bietet in altbewährter Tradition preiswerte, aber qualitativ hochstehende Uhren an, die von
Manufakturkalibern angetrieben werden.
1997
Das Versandunternehmen Manufactum wird Gesellschafter bei Nomos.
1997
A. Lange & Söhne stellt die Neuentwicklung Langematik mit automatischem Antrieb und Großdatum vor. Diese Klasseuhr enthält beim Test der Uhrenzeitschrift Chronos den Höchstwert von 6 Sternen.
1999
A. Lange & Söhne stellt den Chronographen
Datograph vor, der
Flyback-Funktion, Großdatumsanzeige und Schaltradsteuerung in sich vereinigt.
2000
Im Zuge des Verkaufs der Uhrensektion von VDO Mannesmann (
IWC,
Jaeger-LeCoultre) an den Schweizer Luxusgüterkonzern
Richemont gelangt auch
A. Lange & Söhne unter das Dach dieser Gruppe.
2000
Der Senator Klassik Ewiger Kalender von Glashütte Original wird zur "Uhr des Jahres 2000" gewählt.
2000
Glashütte Original wird von der schweizerischen
Swatch Group, dem weltgrößten Uhrenkonzern, übernommen, zu dem auch so bekannte Marken wie Omega, Blancpain und
Breguet gehören.
Im selben Jahr erscheint ein
PanoRetroGraph genannter Chronograph, bei dem
Flyback-Funktion, Panoramadatum und Countdown-Zähler miteinander vereint sind. Diese aufwendige Neuerfindung wird zur "Uhr des Jahres 2001" gewählt.

Glashütte Original PanoRetroGraph
mit Panoramadatum, Fly-Back-Funktion und
Count-Down-Funktion mit Läutwerk
2002
Am 12. August 2002 trifft die Große Jahrhundertflut auch das Städtchen Glashütte. Eine reißende Flutwelle aus Schlamm und Geröll wälzt sich mitten durch das Ortszentrum. Mehrere Menschen sterben bei dieser Katastrophe, viele werden vermißt.
2005
Der PanoMaticChrono von Glashütte Original wird zur "Uhr des Jahres 2005" gewählt.
2005
Nomos präsentiert stolz das eigenentwickelte Automatikwerk
Tangomat. Da inzwischen auch die Handaufzugwerke mit hoher Fertigungstiefe im eigenen Hause gefertigt werden, kann sich die Firma nun
"Manufaktur" nennen.
2009
A. Lange & Söhne präsentiert mit dem Modell
Zeitwerk eine völlige Neuentwicklung. Die Uhr verfügt über die ungewöhnliche Kombination einer exakt springenden Ziffernanzeige von Stunde und Minute und bietet ein neuartiges, aber dennoch sehr übersichtliches Zifferblattdesign, das zusammen mit Gangreserve und Kleiner Sekunde in ruhigem Vierklang geordnet ist und der Uhr eine ganz eigene Anmutung verleiht.
2010